90 Jahre Club-Countdown (8): Fernsehen oder Rudern?
Vorgeschichte: Auch Anfang der 50er Jahre wurden die Querkeller des Bootskellers noch vom Schutt befreit. Jedes Jahr wurde aufs neue eine Parodie eingeübt. „Kurt Winkler unser Pianist, in dessen Elternhaus die diesjährigen Proben zur Parodie stattfanden, war ein begeisterter Interpret einer aus den USA vordringenden Musikrichtung – JAZZ – genannt“, schreibt der Chronist und so zog der Glenn Miller-Sound auch in die Parodie ein. In einer Vorstandssitzung Anfang 1950 kam erstmals der Gedanke an ein eigenes Clubhaus auf. Außerdem träumte man von neuen Booten.
Aus der Chronik 1953
„Das Engagement des verjüngten Vorstands zeigt Wirkung. Dort, wo bisher die Senioren stets Vorbehalte zu den Vorschlägen des Nachwuchses anmeldeten, gab es nun Zustimmung…. Um eine Abwanderung jugendlicher Mitglieder vorzubeugen, beschloß der Vorstand die Einführung eines Familienbeitrags. Dies wirkte sich beruhigend auf die Mitgliederfluktuation aus. .. Die Interessen der Clubdamen vertritt Christa Scholz.
Aus der Chronik 1957
Laut interner Berichterstattung muß das Geschäftsjahr 1957 voller unerfreulicher Begebenheiten gewesen sein! Zwar wird auch darüber berichtet, daß der Piratenball zu Anfang des Jahres ein voller Erfolg gewesen sei, doch mit Beginn der Rudersaison müssen Verstöße gegen die Haus- und Ruderordnung, die hier erstmals in einem Bericht Erwähnung finden, an der Tagesordnung gewesen sein. Wie anders ist es zu erklären, daß es Ruderverbote ‚am laufenden Band‘ hagelte?! Isolde Hübner 8 Wochen, Ingrid Müller und Klaus Fassbender 6 Wochen Ruderverbot! HORST SALOMON 4 Wochen Ruderverbot! Der Ruderobmann Hans Frangenberg, der die Nachfolge von Toni Sauer antrat, griff offenbar mit aller Härte durch. Die Gründe für diese außergewöhnlichen Maßnahmen lassen sich nur erahnen (Anmerkung von Gaby: Horst hat mit erzählt, dass er sein Ruder-Unterhemd nicht fand und in einer Art Netzhemd zum Rudern kam. Dafür gab es das Ruderverbot.)
Das beginnende ‚Wirtschaftswunder‘ zeigte seine Kehrseite …. Die Bundesbürger begannen die Prioritäten ihres Lebens neu zu gestalten… Selbst ein bedachtes Anheben der Mitgliederbeiträge löste die Probleme nicht. Unbegründete und leichtfertige Austrittserklärungen, vor allem durch junge Mitglieder, (Ruderverbote ???) machten die finanzielle Situation nur noch schwieriger.
Aus der Chronik 1958
Die veränderte Amtseinteilung im Vorstand nährt die Vermutung, daß die immer sich wiederholenden Verstöße gegen die Haus- und Ruderordnung den 2. Vorsitzenden Rudolf Trum bewogen, auch noch als Ruderwart, neben dem Ruderobmann Hans Frangenberg, Einfluß auf den Sportbetrieb zu nehmen.“
(Anmerkung: Auch ein neuer Ruderwart, Jürgen Breuer, heißt es in der Chronik, habe die Situaiton nicht verbessert. Im Gegenteil…)
„Auch in diesem Jahr ist die Liste der ‚Übeltäter‘ lang! Ruderverbot erhielten …(es folgt eine Reihe von Namen) … M.Collet und W.Priester erhielten darüber hinaus nochmals ein zusätzliches Ruderverbot von Juli bis Dezember 1958! Was mögen die beiden angestellt haben, um ein Ruderverboot von 20 Wochen! aufgebrummt zu bekommen!
(Anmerkung: 1959 wurden daraufhin einige Posten im Vorstand neu verteilt. Ruderverbote gab es in dem Jahr nicht mehr.)
Aus der Chronik: Ende der 50er Jahre (das kleine zusammenfassende goldene Jubiläumsheft)
„Der Ausbau des Schülerruderns wurde systematisch weiter betrieben und 1952 gelang unter neuen finanziellen Opfern die Errichtung provisorischer Umkleideräume und die Befestigung der unmittelbar vor dem Bootshaus liegenden Wegeteile mit der Anlage eines Waschplatzes für die Boote. … So dauerte es bis zum Jahre 1955 – also 9 Jahre – bis wir eine von außen einigermaßen ansprechende Bootshausanlage geschaffen hatten….
Es sah so aus, als ob die zweite Hälfte der fünfziger Jahre keine Höhepunkte in der Vereinsgeschichte mehr bringen sollte. Der Wohlstand um uns herum wuchs in sattsam bekannten Formen. Wie immer in solchen Zeitläufen traten ideelle Dinge zunächst in den Hintergrund und als dies allen sichtbar wurde, konnte niemand die Entwicklung begreifen und keiner wollte dem anderen eingestehen, daß der Rudersport zugunsten von Auto, Kino, Tanzvergnügen und Fernsehen, den neuen Errungenschaften der Massensuggestion, zurücktrat. …
Die jetzt primitive Bootskelleranlage ohne Gemeinschaftsraum, ohne Heizung für die Wintermonate und ohne Möglichkeiten zur Schaffung eines gesellschaftlichen Mittelpunktes war zuwenig anziehend, um die Ideale des Rudersports auf die Dauer hochhalten zu können.“
Aus der großen und kleine Chronik zum 50. Clubjubiläum
Chronist: Erich Altdorf